TUM Alumnus Prof. Gerhard Abstreiter.

TUM Alumnus und Professor Gerhard Abstreiter erklärt die Pionierarbeit in der Halbleiterphysik (Bild: Astrid Eckert/TUM).

Alumni forschen
TUM Emeritus of Excellence Gerhard Abstreiter
„Ich wollte das Universum verstehen“
19. Jul 2018
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Gerhard Abstreiter war der erste in seiner Familie, der auf das Gymnasium und die Uni ging. Heute ist der TUM Alumnus ein weltweit angesehener Spitzenforscher in der Halbleiterphysik und war Zeit seines Lebens ein Pionier auf allen Ebenen.
An der TUM war Gerhard Abstreiter einer der ersten Studierenden am neu gegründeten Physik-Department in Garching. Auch hier beschreitet er als erster Doktorand am Lehrstuhl für Halbleiterphysik neue Pfade, indem er erfolgreich Experimente zu bis dato unbekannten Eigenschaften von Silizium anstellte und schließlich in Halbleiterphysik promovierte – einem Forschungsbereich, den sein Doktorvater Professor Frederick Koch gerade erst an der TUM initiiert hatte.

Auch in seiner weiteren beruflichen Karriere leistete Gerhard Abstreiter durchweg Pionierarbeit, so beispielsweise mit seiner Grundlagenforschung zu Quanteneffekten in Nanostrukturen, zu Biosensorik, Mikro-, Nano- und Optoelektronik. Als Autor und Ko-Autor von über 700 wissenschaftlichen Publikationen, die bisher ca. 30 000 Mal zitiert wurden, zählt der TUM Alumnus zu den weltweit führenden Forschern auf dem Gebiet der Halbleiterphysik und der Nanotechnologie.

Über 90 Doktoranden

Geplant war von all dem nichts. „Bis weit in das Studium hinein wusste ich im Grunde nicht, was moderne experimentelle und theoretische Physik wirklich bedeuten. Ich wollte einfach das Universum verstehen, deshalb habe ich Physik als Studienfach gewählt.“ In jeder Etappe seiner schulischen und akademischen Ausbildung waren es vielmehr seine Lehrer und Dozenten, die Gerhard Abstreiter zu Mentoren und Impulsgebern wurden und ihm erst den Zugang zu den Forschungsfeldern verschafften, in denen er so erfolgreich werden sollte.

Stets wollte er diese Form der Förderung auch selbst im Rahmen seiner Lehre den jungen Nachwuchswissenschaftlern der TUM entgegenbringen und hat dort über 90 Doktoranden und hunderte Diplomanden begleitet. „Die Lehre war die eine Seite in meinem akademischen Leben, die mich bereichert hat“, so Gerhard Abstreiter, „die andere war und ist die Forschung, deren Management und deren Förderung“.

Forschung ist für mich immer mit der Frage verbunden, wie mit größtem Erfolg neue Erkenntnisse generiert werden können.

Gerhard Abstreiter

Um dieses Credo einhalten zu können, schuf sich Gerhard Abstreiter kurzerhand selbst die Voraussetzungen für seine innovative Forschung, die der TUM im harten Konkurrenzkampf mit den USA und Japan die Wettbewerbsfähigkeit ermöglichte und schließlich dauerhaft sicherte. Das von ihm initiierte Walter Schottky Institut baute er seinen Vorstellungen entsprechend „ganzheitlich und interdisziplinär“ auf; in beispielloser Weise wird dort die Grundlagenforschung in der Halbleiterphysik mit Materialwissenschaft und innovativen Anwendungen in der Elektrotechnik verknüpft.

Nanotechnologie an der TUM

Knapp zwanzig Jahre später wünschte sich Gerhard Abstreiter schließlich die „längst überfällige“ Erweiterung des Instituts von TUM-Präsident Wolfgang A. Herrmann zu seinem 60. Geburtstag. Binnen kürzester Zeit verfasste er den Antrag zur Einholung der notwendigen Gelder und konnte mit seinem Fortschrittsdenken und seiner Innovationskraft die Entscheidungsträger erneut überzeugen. „35 Anträge gingen damals ein, 15 wurden bewilligt und einer wurde mit höchster Priorität empfohlen“, so Abstreiter bescheiden schmunzelnd, aber gleichwohl stolz. „Er is hoid a echter Bayer“, soll Wolfgang A. Herrmann sich über dessen freimütige und gleichsam zielführende Nonchalance geäußert haben.

Seit 2015 ist Gerhard Abstreiter im Ruhestand. Nach wie vor ist er als Emeritus of Excellence für die TUM in der Forschung und der Forschungsförderung sowie als Berater bei strategischen Berufungen tätig. „Was ich sehr genieße, ist, nun endlich mehr Zeit dafür zu haben, in der Schreinerwerkstatt meines Schwiegervaters zu arbeiten und beispielsweise mit meinem Sohn ein Holzkanu und für meine Enkel Longboards zu bauen oder für eine von mir betreute afghanische Zuwanderungsfamilie mit drei Kindern ein Gartenhaus zu entwerfen.“

TUM Alumnus Gerhard Abstreiter

Gerhard Abstreiter (Bild: Astrid Eckert & Andreas Heddergott/TUM).

Prof. Dr. Gerhard Abstreiter

Diplom Physik 1973, Promotion 1975

 

Nach dem Physikstudium an der TUM schloss Gerhard Abstreiter hier 1975 seine Promotion ab und forschte am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart und Grenoble.

Von 1987 bis 2013 war er Ordinarius für Experimentelle Halbleiterphysik I an der TUM und Gründungsdirektor des Walter Schottky Instituts (WSI). Ebenso initiiert und aufgebaut hat er das Zentrum für Nanotechnologie und Nanomaterialien der TUM (2008-2010). Er war Sprecher mehrerer Sonderforschungsbereiche und Mitinitiator und Co-Sprecher des Exzellenzclusters „Nanosystems Initiative Munich“.

Von 2013 bis 2015 leitete er das TUM Institute for Advanced Study (TUM-IAS). Als Gastprofessor lehrte Gerhard Abstreiter u.a. an der University of Santa Barbara, an der Columbia University in New York und an der Tokio University.

2007 wurde er in die Bayerische Akademie für Wissenschaften gewählt; er ist u.a. auch Mitglied der acatech (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften). Für seine Spitzenforschung wurde er mehrfach ausgezeichnet; u.a. mit der Stern-Gerlach Medaille, Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling-Preis, Max Born-Preis und Medaille , Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgesellschaft (1987) und dem Walter Schottky-Preis.

Gerhard Abstreiter ist seit 1970 verheiratet und hat zwei Kinder und drei Enkelkinder.

Professor Dr. Gerhard Abstreiter wurde 2015 von TUM-Präsident Prof. Dr. Wolfgang A. Herrmann  in den Kreis der TUM Emeriti of Excellence aufgenommen.