Pragmatischer Zeitplan
Schon während des Studiums und der Promotionszeit zeichnete sich die Karriere von Franz Mayinger als einem der profiliertesten Köpfe des deutschen Ingenieurwesens ab. Noch als Student wirkte er bei einem Turbinenbau an der TUM mit. Als Doktorand wurde er im Büro seines Professors für einen Führungsposten bei MAN in Nürnberg besetzt. Auch wenn seine Wissenschaftskarriere schnell Fahrt aufnahm, geplant hatte er weder seine Forschungsschwerpunkte noch seine anschließenden beruflichen Stationen. „Meine Laufbahn war eine Kette von Zufällen“, konstatierte er. „Das Einzige, was ich mir von Anfang an vorgenommen hatte, war, alle sieben bis zehn Jahre den Wohnort zu wechseln.“ Denn drohende Routine war nichts für den jungen Forscher. Als er dann Ende der sechziger Jahre einen Ruf an den neu geschaffenen Lehrstuhl für Verfahrenstechnik der Universität Hannover erhielt, nahm er diesen kurzerhand an – nach sieben Jahren war die Zeit schließlich ohnehin reif für einen Ortswechsel.
Beruf aus Leidenschaft
War Franz Mayingers Entscheidung für die Hochschule zunächst seinem pragmatischen Plan eines turnusmäßigen Ortswechsels geschuldet, änderte sich dies rasch. Er erkannte, dass er nun im Gegensatz zur Industrie nicht nur endlich machen konnte, was er wollte, sondern dass seine akademischen Aufgabenfelder ihn zu seiner großen Leidenschaft, der Physik, zurückführten. Kaum wurde damals die Lastertechnik eingeführt, setzte sie Franz Mayinger schon ein und entwickelte eigene optische Messverfahren.
An der TUM hatte ich die große Freiheit in meiner Forschung.
Mit unstillbarem Wissensdurst und großer Begeisterung forschte Franz Mayinger an der TUM auf den Gebieten der Thermofluiddynamik, der Verbrennungstechnik, der Stoffwerte und Wärmeübertragungsphänomene vor allem im Zusammenhang mit mehrphasigen Strömungen, wie sie in Reaktoren und verfahrenstechnischen Apparaten vorkommen. Mit seinem Team baute er den Lehrstuhl für Thermodynamik konsequent aus und erlangte schnell internationales Renommee.
Höchste Standards für die Nuklearreaktorsicherheit
Neben seiner Forschungstätigkeit war Franz Mayinger auch in vielen Gremien aktiv, so über zwei Jahrzehnte als Mitglied der Reaktor-Sicherheitskommission beim Bundesminister des Inneren und später beim Bundesminister für Umwelt. In den Jahren 1983, 1984 und 1990 hatte er dabei auch den Vorsitz inne. Darüber hinaus war er von 1992 bis 1995 Vorsitzender der Störfallkommission des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.
Mit seinem Doktorvater, TUM-Professor und Thermodynamik-Pionier Ernst Schmidt, und TUM-Professor Ulrich Grigull zählte Franz Mayinger zu den einzigen drei deutschen Forschern, die mit dem renommierten Max Jakob Memorial Award ausgezeichnet wurden. 1991 erhielt er die begehrte Auszeichnung für seine Pionierleistungen auf dem Gebiet der holografischen Interferometrie und des Mehrphasenflusses sowie für seine visionäre Führungsrolle bei der Etablierung höchster Sicherheitsstandards für die Nuklearreaktorsicherheit. „Ich habe ja nur mit Neugierde meiner Arbeit nachgehen wollen“, sagte er bescheiden. „Ich muss offen gestehen, ich habe meine Arbeit nie als Beruf gesehen, sondern als Hobby.“
Diplom Maschinenwesen 1955, Promotion 1961
Von 1951 bis 1955 studierte Franz Mayinger an der TUM Maschinenbau und forschte daraufhin für weitere sechs Jahre am Institut für Thermodynamik. 1961 schloss er seine Promotion ab.
Von 1962 bis 1969 war er Oberingenieur und Leiter der Forschungsabteilung für Kern- und Verfahrenstechnik der MAN Nürnberg, von 1969 bis 1981 war er Professor und Direktor des Instituts für Verfahrenstechnik der Universität Hannover. 1981 folgte er dem Ruf an seine Alma Mater. Achtzehn Jahre lang leitete er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1999 den Lehrstuhl für Thermodynamik der TUM.
1989 rief Franz Mayinger den Bayerischen Forschungsverbund Systemtechnik ins Leben, in dem Forschungsinstitute und Industrieunternehmen eng kooperieren. Von 1995 bis 1999 war er Gründungsdekan der Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften der Universität Bayreuth und übernahm dort im Anschluss den Vorsitz des Hochschulrates.
In den Jahren von 1998 bis 2002 wurde er zum ersten Akademischen Leiter der Bayerischen EliteAkademie bestellt, die er selbst initialisiert hatte. Franz Mayinger war Mitglied und Vorsitzender der Reaktor-Sicherheitskommission, dann Vorsitzender der Störfallkommission des Bundesministeriums. Neben der Beratung zu Fragen der Reaktorsicherheit engagierte er sich in der wissenschaftspolitischen Beratung: Er war Mitglied des Wissenschaftsrates und Mitglied des Wissenschaftlich-Technischen Beirates der Bayerischen Staatsregierung.
Für seine exzellente wissenschaftliche Forschung und sein vielseitiges Engagement wurde Franz Mayinger mehrfach ausgezeichnet. So erhielt er unter anderem 1990 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, den begehrten Max Jakob Memorial Award, den Bayerischen Verdienstorden, den Bayerischen Umweltpreis, den Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst. Franz Mayinger hielt die Ehrendoktorwürde der Universität Hannover und die Ehrendoktorwürde sowie die Ehrensenatorwürde der Universität Bayreuth. Er war unter anderem Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und der European Academy of Sciences and Art.
Franz Mayinger lebte mit seiner Frau in München. Er hat drei Kinder, sein jüngster Sohn studierte ebenfalls Maschinenbau an der TUM.
Professor Dr. Franz Mayinger wurde 2007 von TUM-Präsident Prof. Dr. Wolfgang A. Herrmann in den Kreis der TUM Emeriti of Excellence aufgenommen.
Im Juni 2021 ist er im Alter von 90 Jahren verstorben.