TUM Alumna Agnes Wagner

Agnes Wagner geht auch privat gerne in die Natur, zum Beispiel zum Wandern am Jochberg (Bild: Matthias Breuel).

Alumni für Nachhaltigkeit
Landschaftsarchitektin Agnes Wagner
Meine Zeit an der TUM war sehr wertvoll für mich”
12. Sep. 2025  |  
Lesezeit ca. Min.
Ein Auslandssemester auf einer Insel im Indischen Ozean, Exkursionen bei strömendem Regen in bayerischen Mooren: TUM Alumna Agnes Wagner lernte während ihres Studiums an der TUM die Natur als einen Kosmos kennen, den es unbedingt zu schützen gilt. Für den Freistaat Bayern koordiniert sie heute einen Teil des größten grenzüberschreitenden Schutzgebietsnetz weltweit.
Dass die Natur etwas ist, auf das man aufpassen muss, das war Agnes Wagner immer klar. Das Thema Nachhaltigkeit fand sie schon in der Schule spannend, Pflanzen waren sowieso ihr Ding, aber so richtig gespürt hat sie es erst während ihres Auslandssemesters auf den Seychellen. Ein halbes Jahr lebte die damalige TUM-Studentin auf einer Privatinsel vor der ostafrikanischen Küste, betreute vogelkundliche Projekte, kümmerte sich um endemische Pflanzen, tauchte mit Rochen, sah Delfine und Haie und lernte die Natur noch einmal von einer ganz anderen Seite kennen. Auf der Insel lebten nur vier weitere Menschen, der Supermarkt war einmal pro Woche per Boot zu erreichen und wenn es kein Nutella gab, war klar: Heute gibt es nur ein Butterbrot.

Mir wurde bewusst, wie fragil das ganze System ist.

Agnes Wagner

Handys waren noch nicht so leistungsstark, der Funk reichte nicht aus, das Internet auch nicht wirklich, also saß Agnes Wagner mit einem Radio am Strand, hörte Musik, dazwischen aber auch immer wieder Tsunami-Warnungen. „Es waren zum Glück immer nur kleine Wellen, die uns erreichten, aber mir wurde in diesen Momenten so richtig bewusst, wie fragil unser Umweltsystem und wie groß der Einfluss der Menschen ist”, erinnert sich die TUM Alumna. Fast täglich fand sie Plastikmüll, vom Ozean angeschwemmt, der Natur aufgedrängt. Sie begann zu überlegen, ob man es nicht besser machen könnte. Im Alltag – weniger Plastik beim Einkauf, Schluss mit dem Dauerkonsum – aber auch auf höherer Ebene.

Zurück in Deutschland beendete Agnes Wagner erst einmal ihren Bachelorstudiengang und entschied sich fürs Weiterstudieren im Master Umweltplanung und Ingenieurökologie. „Meine Zeit an der TUM war sehr wertvoll für mich”, sagt sie. Der Campus in Weihenstephan war so gestaltet, dass man viel Zeit miteinander verbringen konnte, mit einem Teil ihrer Mitstudierenden ist sie bis heute befreundet und die Exkursionen waren legendär. Agnes Wagner erinnert sich noch gut an die Ausflüge mit ihrem damaligen TUM-Professor Jörg Pfadenhauer, der den Lehrstuhl für Renaturierungsökologie innehatte. Einmal standen sie bei triefendem Regen in einem Moor in Bayern, die Gummistiefel voll mit Torf, die Kapuzen durchtränkt von Wasser. „Unser Professor hat so eine gute Laune versprüht, dagegen ist auch die Nässe nicht angekommen”, sagt sie.

DER ARBEITSPLATZ: DIE NATUR OBERBAYERNS

Heute arbeitet Agnes Wagner als sogenannte „Natura 2000“-Schutzgebietsmanagerin bei der Höheren Naturschutzbehörde an der Regierung von Oberbayern. Mit dem Projekt „Natura 2000“ will die Europäische Union Schutzgebiete schaffen und so gefährdete Arten und Lebensräume erhalten. Dieses ökologische Netz gliedert sich in Vogelschutzgebiete und Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiete und ist weltweit gesehen das größte zusammenhängende Schutzgebietssystem. Dazu gehören auch 745 Gebiete mit einer Fläche von rund 800.000 Hektar in Bayern, das sind mehr als elf Prozent der Landesfläche des Freistaats. Agnes Wagner und ihr Team kümmern sich in Oberbayern um ca. 170 Gebiete. Sie erstellen Managementpläne, informieren Bürger und Bürgerinnen, bringen Verbände, Behörden, Alm- und Landwirte an einen Tisch.

Bei diesen Gesprächen treffen oft viele verschiedene Ansichten und Interessen aufeinander: Manchmal ernten Agnes Wagner und ihre Kollegen und Kolleginnen aus der Fischerei, Wasser- und Forstwirtschaft auch emotionale Reaktionen. „Man braucht in diesem Job schon ein dickes Fell”, sagt sie. Gleichzeitig verstehe sie die Verärgerung in einigen Fällen auch. „Veränderungen sind immer schwer“ sagt sie, „und manchmal muss einfach Dampf abgelassen werden.“ Bei den Gesprächen gehe es auch oft um grundsätzliche Dinge, die gar nicht in ihren Aufgabenbereich fallen würden: Wie gehen wir mit dem Wolf um? Was ist mit dem Biberschutz? Und warum wurde letztens der Baum an der Kreuzung gefällt?

AM ENDE STEHT IMMER EINE GEMEINSAME LÖSUNG

Aber der Zusammenhalt im Team sei groß, sagt Agnes Wagner, und oft kämen die Vertreter von Interessensverbänden am Schluss nochmals auf sie zu und würden sich bedanken. Im Sommer ist Agnes Wagner alle zwei Wochen draußen unterwegs. So fährt sie zum Beispiel an den Chiemsee, überprüft zusammen mit dem Planungsbüro ein Projekt in den Alpen, für das sie und ihr Team sich jahrelang eingesetzt, gearbeitet und Lösungen gefunden haben. Und wenn sie Glück hat, kann sie ihren Erfolg sogar sehen – Gräser, die wachsen, oder Birkhühner, die wieder zahlreicher aus ihren Schnäbeln zischen. Das sind dann die Momente, in denen sie merkt, dass sich die Mühen gelohnt haben.

TUM Alumna Agnes Wagner

Als Schutzgebietsmanagerin führt Agnes Wagner viele Informationsgespräche. Hier mit einem Landwirt zum Projekt Geigelstein (Bild: Annika Aurbach).

TUM Alumna Agnes Wagner

Agnes Wagner (Bild: Privat).

Agnes Wagner

Bachelor Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung 2013, Master Umweltplanung und Ingenieurökologie 2015

 

Nach ihrem Abschluss an der TUM zog es Agnes Wagner in die freie Wirtschaft, dort arbeitete sie bei einem großen Möbelunternehmen und war für mehr Nachhaltigkeit in der Produktion verantwortlich. Sie war insbesondere für eine verbessere Kreislaufwirtschaft innerhalb des Unternehmens zuständig.

Danach ging es für die TUM Alumna in die USA zu einer Stiftung, die sich für Native Americans in Südamerika und North Dakota einsetzte. Dort arbeitete sie an einem Projekt zur Verbreitung von kleinen Öfen aus Ziegeln und Lehm sowie an der Bereitstellung von Solar-Anlagen für die Oglala-Latkota.  Seit Juli 2020 ist Agnes Wagner Teamleiterin für „Natura 2000“-Flächen bei der Regierung von Oberbayern.