Ein Mann mit Bart, blauem Hemd und grauem Anzug, Francisco Obreque, Lead Rural Development Spezialist bei der Weltbank

Francisco Obreque ist Lead Rural Development Spezialist bei der Weltbank. Er hat 2000 seine Promotion an der TUM am Lehrstuhl für Bodenordnung und Landentwicklung abgeschlossen (Bild: World Bank Photography Services).

Alumni international
Spezialist für Entwicklungszusammenarbeit Francisco Obreque

„An der TUM habe ich interdisziplinäres Arbeiten gelernt”

18. Juli 2025  |  
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TUM Alumnus Francisco Obreque ist in vielen Ländern zuhause. Der gebürtige Chilene arbeitet heute als Spezialist für ländliche Entwicklung bei der Weltbank und ist beruflich viel unterwegs. Mit fachlichem Know-how und Krediten der Weltbank unterstützt er ländliche Gemeinden in über 20 Ländern, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern und ihre Arbeit zu professionalisieren. Während seiner Promotion an der TUM hat er gelernt, interdisziplinär zu arbeiten und sich auf unterschiedliche Kulturen einzulassen.
Francisco Obreque arbeitet als Lead Rural Development Spezialist bei der Weltbank. Die Weltbank ist eine multinationale Entwicklungsbank, die Kredite an Länder vergibt und mit fachlicher Expertise unterstützt. „Mit unserem Team begleiten wir Projekte in Afrika in den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt, Klima, Wasser und soziale Teilhabe – mit unserem fachlichen Know-how und mit der Unterstützung von Krediten der Weltbank.“ Dafür ist er häufig in den Projektländern, arbeitet mit Bäuerinnen und Bauern vor Ort und berät Behörden und Ministerien. Bei aktuellen landwirtschaftlichen und klimapolitischen Themen muss er dabei immer am Ball bleiben. „Anfang der 2000er hat noch niemand über die Finanzierung von klimaschonenden Projekten geredet. Heute geht es viel um Fonds mit Fokus auf ökologische und soziale Standards und wie wir Menschen dabei helfen können, resilienter gegenüber den Auswirkungen der Klimakrise zu werden.“

LÄNDLICHE ENTWICKLUNG FÖRDERN

Der Spezialist für Entwicklungszusammenarbeit erzählt von einem Projekt in Malawi: „Das kleine Land in Südostafrika ist sehr arm, und mehr als 70 Prozent der Bevölkerung arbeitet in der Landwirtschaft. Oft reicht die Ernte aber nur für den Eigenbedarf. Wir wollten Bäuerinnen und Bauern dabei unterstützen, sich genossenschaftlich zu organisieren und ihre Produkte gemeinschaftlich zu verkaufen.“ Viele Dinge mussten dafür angepackt werden: der Zugang zu Wasser, die gerechte Verteilung von Land und der Aufbau von Strukturen für die Genossenschaften. „Für Projekte wie das in Malawi arbeiten wir mit lokalen Regierungen und Partnerinnen und Partnern zusammen, die das Land und seine Bedingungen kennen.“

Der TUM Alumnus kam nach Malawi, als das Projekt gerade in einer Krise steckte. Mit viel Einsatz von seinem Team der Weltbank, der lokalen Regierung, den Landwirtinnen und Landwirten und weiteren Partnerinnen und Partnern wurde das Projekt dann doch erfolgreich. Richtig erfolgreich. Wenn er davon spricht, leuchten Francisco Obreques Augen: „Als ich gekommen bin, waren es acht Gruppen mit Bäuerinnen und Bauern, die sich genossenschaftlich organisiert haben. Drei Jahre später waren es 300 Gruppen, die ihre Produkte an 100 Unternehmen verkauft haben. Insgesamt haben jetzt über 100.000 Menschen mit ihren Familien ein geregeltes Einkommen. Mich freut es immer besonders, wenn wir so auch Frauen unterstützen und wenn Kinder endlich die Schule besuchen können.“

VON CHILE NACH MÜNCHEN

Auch Francisco Obreque profitierte von einer finanziellen Unterstützung und weiß, wie diese Menschen weiterbringen. Zwischen Mitte und Ende der 1990er Jahre studierte er Agrartechnik an der Pontifica Universidad Católica de Chile. Deutschland und München kannte er damals noch nicht. Das änderte sich, als die TUM die neue Partneruniversität seiner chilenischen Hochschule wurde. „Ich wollte unbedingt ins Ausland und andere Kulturen kennenlernen. Deshalb war ich sofort begeistert, als mir ein Professor erzählt hat, dass es die Möglichkeit gibt, in München zu forschen.“ Kurze Zeit später flog er nach München. „Ich wurde sehr herzlich empfangen. Das hat es mir leicht gemacht, mich zu orientieren und in Deutschland anzukommen. Mein Betreuer an der TUM hat mir auch dabei geholfen, ein DAAD-Stipendium zu bekommen.“

 

Eine Gruppe von bunt gekleideten Frauen steht auf einem Feld. In der ersten Reihe kniet Francisco Obreque. Alle lächeln.

Francisco Obreque freut sich besonders, wenn durch die finanzielle Förderung der Projekte auch die Situation der Frauen und Kinder verbessert werden kann (Bild: Teddie Nakhumwa).

Es war ein Privileg, an der TUM promovieren zu dürfen. Hier habe ich gelernt, interkulturell und interdisziplinär zu arbeiten.

TUM Alumnus Francisco Obreque

An der TUM forschte er zu Konzepten der sogenannten Dorfentwicklung: „In Bayern ist das Konzept der Dorfentwicklung schon seit Jahrzehnten erfolgreich. Es fördert die Lebens- und Arbeitsbedingungen in ländlichen Dörfern und Gemeinden“, so Francisco Obreque. „Mich hat es interessiert, wie dieses Konzept auf Entwicklungsländer übertragen werden kann.“ Auf seinem Weg zur Promotion begleiteten ihn sein Doktorvater Prof. Dr. Holger Magel, damaliger Lehrstuhlinhaber für Bodenordnung und Landentwicklung an der TUM und Präsident der Bayerischen Akademie Ländlicher Raum, und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus anderen Disziplinen. „Es war für mich ein Privileg, an der TUM bei Professor Magel promovieren zu dürfen. Ich habe gelernt, interkulturell und interdisziplinär zu arbeiten. Beispielsweise habe ich eng mit Forschenden aus der Geografie, der Architektur und dem Ingenieurwesen zusammengearbeitet, das hat meinen Horizont unglaublich erweitert.“ Mit Professor Holger Magel hält der TUM Alumnus auch jetzt – 20 Jahre nach seiner Promotion – immer noch den Kontakt.

Auch der Zweitbetreuer seiner Dissertation spielte eine wichtige Rolle im Leben von Francisco Obreque. Dieser wurde Agrarminister in Chile und bot dem TUM Alumnus nach der Promotion einen Job als seinen Berater an. Francisco Obreque sagte zu. Von den Erfahrungen, die er dort gesammelt hat, profitiert er noch heute. „Bei meinem aktuellen Job habe ich viel mit Ministerien und Behörden verschiedener Ländern zu tun. Mir hilft es sehr, dass sich selbst in einem Ministerium gearbeitet habe und die Abläufe kenne.“

INTERNATIONALES ARBEITEN

In wie vielen Ländern hat er schon gearbeitet? Da muss er erst mal zählen: „Meine Abteilung mit 230 Expertinnen und Experten verantwortet 90 Projekte in 24 Länder. Ich habe beruflich in drei Ländern gelebt und in über zehn gearbeitet, unter anderem in Bolivien, Argentinien und Malawi.“ Francisco Obreque spricht Spanisch, Englisch, Französisch und Portugiesisch. In München hat er auch Deutsch gelernt, das sei jetzt aber etwas eingerostet, gibt er zu. „Wenn ich sehr ländlichen Gegenden in Afrika arbeite, komme ich manchmal auch mit Französisch und Englisch nicht mehr weiter. Dann kommuniziere ich mit Händen und Füßen“, sagt er lachend.

Sich schnell auf andere Menschen und Kulturen einzulassen, ist für den TUM Alumnus eine der wichtigsten Fähigkeiten, die er täglich braucht. Studierenden, die sich für eine Position in einer internationalen Organisation und bei NGOs interessieren, rät er deshalb: „Lernt Sprachen und sammelt im Rahmen von Auslandsemestern und Praktika interkulturelle Erfahrungen.“ Ein Abschluss einer renommierten Universität könne ein Türöffner sein, aber auch praktische Erfahrungen seien wichtig. „Wenn ich eine Bewerbung bekomme, will ich sehen, dass die Person echte Probleme lösen kann – nicht nur auf akademischem Level, sondern ganz praktisch und mit hochgekrempelten Ärmeln.“

Zwei Männer stoßen freundschaftlich ihre Fäuste gegeneinander, um ihre Zusammenarbeit bei landwirtschaftlichen Projekten in Malawi zu besiegeln. Beide lächeln. Der Hintergrund zeigt eine einfache Wasserstation.

Mit seinem Team arbeitet er für landwirtschaftliche Entwicklungsprojekte in Malawi (Bild: Teddie Nakhumwa).

Dr. Francisco Obreque

Promotion Bauingenieurwesen und Geodäsie 2005

 

Francisco Obreque hat seine Doktorarbeit bei TUM-Professor Dr. Holger Magel geschrieben, dem damaligen Inhaber des Lehrstuhls für Bodenordnung und Landentwicklung. Nach seiner Promotion hat er als Berater des chilenischen Agrarministers gearbeitet. Nach weiteren Stationen bei einer Agentur für Agrarentwicklung, dem United Nations Development Programme (UNDP) und einer Förderbank, ist Francisco Obreque seit 2012 für die Weltbank tätig. Als Lead Rural Development Spezialist ist er Berater des Direktor für nachhaltige Entwicklung im östlichen und südlichen Afrika und betreut Projekte in den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt, Klima, Wasser und soziale Teilhabe.