TUM Alumnus Michael Heyde mit dem von ihm entwickelten Regranulat.

Seit über zwanzig Jahren engagiert sich Michael Heyde für die Kreislaufwirtschaft. Beim Grünen Punkt entwickelte er sogenannte Regranulate, Mahlgut beziehungsweise Flakes aus gebrauchten Kunststoffverpackungen, die erneut für Verpackungen genutzt werden können (Bild: Norbert Völl/DSD).

Alumni in Führung
Recycling-Experte Michael Heyde
„Damals habe ich ehrlich kämpfen müssen“
17. Jun 2019
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Anfangs war TUM Alumnus Michael Heyde wenig begeistert vom Studium des Maschinenwesens. Doch seine Professoren haben ihm gezeigt, welche spannenden Vertiefungen das Fach in sich birgt. Heute ist er Experte auf dem Gebiet Kunststoffrecycling.
In Kindheit und Jugend war Michael Heyde von Geschichte und Literatur begeistert. Für Technik interessierte er sich kaum. Nach seinem Abitur fuhr er zunächst für zwei Jahre zur See und erhielt den Matrosenbrief. „Nach diesem Ausflug in eine ganz andere Welt, nicht nur geographisch sondern auch sozial, hatte ich dann das Bedürfnis, meinen weiteren Ausbildungs- und Berufsweg mit etwas Handfesterem zu verbringen“, so Michael Heyde. „Für die Geisteswissenschaften als Broterwerb war ich verloren – sehr zum Entsetzen meiner Freunde und Bekannten.“

1983 begann Michael Heyde an der TUM Maschinenwesen zu studieren. Im Grundstudium war er alles andere als leidenschaftlich bei der Sache. Nach über drei Jahren Lernabstinenz und schriftlichen Abiturprüfungen in Deutsch, Englisch und Französisch konnte er sich mehr schlecht als recht für die technischen Inhalte begeistern. „Ich habe damals ehrlich kämpfen müssen“, so Michael Heyde zu seiner Anfangszeit an der TUM. „Es war zunächst eher eine Sache der persönlichen Herausforderung als fachliche Neigung.“

Spezialgebiete entfachen die Leidenschaft

Doch das Reinschnuppern in die chemische Thermodynamik bei Professor Dr. Dieter Vortmeyer, Vorlesungen über chemische und biologische Reaktoren, begleitet von einem Praktikum im damals größten kommunalen Klärwerk Europas ließen im Hauptstudium dann die ersten Funken bei Michael Heyde überspringen. Das in der Verfahrenstechnik stark verankerte systemische Denken, das ihm Professor Dr. Eckhart Blaß besonders nahe brachte, hat schließlich die volle Begeisterung und endlich auch wieder richtige Leidenschaft bei Michael Heyde geweckt. „Die Seminarveranstaltungen von Professor Blaß sind mir auch nach über dreißig Jahren in vielen Details gegenwärtig“, erinnert sich Michael Heyde heute noch an den lebendigen und innovativen Unterricht zurück.

Schließlich war es sein charismatischer Lehrer für Prozesstechnik der Lebensmittel, Ehrensenator Prof. Dr. Werner J. Bauer, langjähriger Generaldirektor der Nestlé AG und Mitglied im Aufsichtsrat der Bertelsmann SE & Co. KGaA, der Michael Heyde zu einer weiteren Engführung des Forschungsschwerpunktes verhalf. Mit einer Wahlfachvorlesung zur Bioverfahrenstechnik lockte ihn dieser an das Fraunhofer-Institut für Lebensmitteltechnologie und Verpackung, dessen Direktor Professor Bauer damals war. Dieses Zukunftsarbeitsgebiet motivierte Michael Heyde fortan.

Experte für Kreislaufwirtschaft

Zehn Jahre lang blieb Michael Heyde am Fraunhofer-Institut und forschte zu den Möglichkeiten und Grenzen von Ressourcenbewirtschaftung und Stoffkreisläufen; zunächst als studentische Hilfskraft, dann als Diplomand, und nach seinem Studienabschluss im Jahr 1989 auch als Doktorand und Arbeitsgruppenleiter. 1998 promovierte er in Biotechnologie und Lebensmittelwissenschaft an der Technischen Universität Berlin. „Nach Jahren des ganzheitlichen Analysierens wollte ich selbst an die Umsetzung – das geht an keinem Forschungsinstitut“, so Michael Heyde zu seinem damaligen Entschluss zum Betreiber des verbreitetsten deutschen Mülltrennungssystems, der Unternehmensgruppe Der Grüne Punkt, nach Köln zu wechseln.

Ich möchte das Kunststoffrecycling weiterentwickeln. Gerade angesichts dramatischer Entwicklungen bei der Meeresverschmutzung.

Dr. Michael Heyde

In seiner ersten Position als Leiter der Technikabteilung gelang es Michael Heyde, in der öffentlichen Diskussion um die umweltpolitisch beste Lösung für Verpackungsabfälle entscheidende Impulse zu setzen. Zeitgleich war er bei der Deutschen Gesellschaft für Kreislaufwirtschaft und Rohstoffe (DKR) federführend für den Umbau in ein international tätiges Sekundärrohstoffunternehmen verantwortlich. Ein weiteres erworbenes Tochterunternehmen baute er in nur gut drei Jahren zu einem profitablen Unternehmen um.

Seit 2018 leitet er den Bereich Recyclingtechnologie bei einem weltweit tätigen Hersteller von Kunststoffverpackungen. „Ich möchte das Kunststoffrecycling technisch und infrastrukturell weiterentwickeln. Gerade angesichts dramatischer Entwicklungen bei der Meeresverschmutzung“, so Michael Heyde zu seiner nunmehr weltweiten Verantwortung.

Wegbereiter von der TUM

Das anfänglich so ungeliebte Studium des Maschinenwesens hat Michael Heyde letztendlich genau zu den Themengebieten geführt, mit denen er sich seit nunmehr dreißig Jahren leidenschaftlich beschäftigt. Seine Professoren an der TUM waren hierfür entscheidende Wegbereiter, indem sie ihm gezeigt haben, welche spannenden Vertiefungen das Fach in sich birgt.

„Wenn man nur genau genug hinsieht, sind viele Themen interessanter, als man anfangs glaubt“, so Michael Heyde zu dieser Erfahrung, die er auch der jungen Generation mit auf den Weg geben möchte. „Lasst euch nicht irre machen vom Druck, euch am Beginn von Ausbildung oder Studium für irgendwelche Richtungen zu entscheiden. Viel wichtiger als das, was man macht, ist, wie man es macht: Mainstreamthemen als Pflichtaufgaben oder Abseitigeres mit Begeisterung – diese Entscheidung kann man, wenn man jung ist, schon mal aus dem Bauch treffen.“

Porträtfoto TUM Alumnus Michael Heyde.

Michael Heyde (Bild: Privat).

Dr. Michael Heyde

Diplom Maschinenwesen 1989

 

Nach dem Studium des Maschinenwesens an der TUM (1983-1989) begann Michael Heyde seine Karriere als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut Verfahrenstechnik und Verpackung (1991-1994). Dort avancierte er zum Abteilungsleiter Systemanalyse und entwickelte innovative Methoden für die Erstellung von Produktökobilanzen und deren Anwendung in Projekten für die Industrie (1995-1999). 1998 promovierte er an der Technischen Universität Berlin im Fachbereich Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie.

Seither gestaltet er in unterschiedlichen Funktionen bei großen deutschen und österreichischen Unternehmen die Kreislaufwirtschaft für Verpackungen maßgeblich mit: als Leiter Technik bei Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland in Köln (1999-2011), als Leiter Technik und Geschäftsführer bei der Deutschen Gesellschaft für Kreislaufwirtschaft und Rohstoffe (2000-2011), als Geschäftsführer bei Systec Plastics (2011-2015), dann bei DSD Resource (2015-2016). Von 2016 bis 2018 war er Leiter der Produkt- und Prozessentwicklung bei Der Grüne Punkt. Seit 2018 ist er Head of Recycling Technology beim österreichischen Verpackungshersteller Alpla in der deutschen Niederlassung in Markdorf.