TUM Alumna Kerstin Prechel bei einer Vorlesung an der HAW.

Zehn Jahre lang arbeitete TUM Alumna Professorin Dr. Kerstin Prechel in Führungspositionen im Bereich Marketing und Produktmanagement. Es war hierbei vor allem der menschliche Aspekt, die Anleitung und Weiterentwicklung junger Menschen, die sie glücklich machten. Als Professorin kann sie sich dieser lohnenden und herausfordernden Aufgabe nun voll und ganz widmen (Bild: Jonas Fischer / HAW Hamburg).

Alumni forschen
Professorin Kerstin Prechel
„Wenn ich nur einer Frau Mut machen kann, habe ich mein Ziel schon erreicht“
13. Mai 2022  |  
Lesezeit ca. Min.
TUM Alumna Kerstin Prechel arbeitete sich in internationale Führungsposten, zur Professorin und zur Unternehmerin empor. Und das, obwohl weder ihre Eltern noch ihre Großeltern studiert hatten. Nun ist es ihr Ziel, anderen Mut zu machen, es ihr nachzutun.
Die Schulzeit von Kerstin Prechel war nicht von der Frage bestimmt, was sie später einmal werden wollte. Sie war von der Ungewissheit geprägt, ob sie sich die nächste Klassenfahrt leisten könnte. Die Förderangebote für Kinder aus sozial benachteiligten Familien waren nicht hilfreich. Durch sie fühlte sich Kerstin Prechel erst recht diskriminiert und stigmatisiert. „Statt mir vor meiner Klasse die Blöße zu geben, dass ich auf diese Hilfe angewiesen bin, wäre ich eher nicht mitgefahren“, erinnert sie sich.

Die Klassenlehrerin riet Kerstin Prechel vom Gymnasium ab. Sie wäre dort wohl überfordert, hieß es. Ein paar Jahre später absolvierte Kerstin Prechel ihr Abitur, ohne viel lernen zu müssen. Keiner aus ihrem Umfeld dachte daran, dass sie auch noch studieren könnte. Trotzdem wagte es Kerstin Prechel. Bei der Wahl des Studienfachs entschied sie sich bewusst gegen ihre Neigungen Philosophie und Literatur und für Betriebswirtschaftslehre und internationales Management. Es sollte ein Studiengang sein, der ihr möglichst zielgerichtet den Weg in eine abgesicherte finanzielle Zukunft ermöglichte.

MUT ZUR PROMOTION

Das pragmatisch gewählte Studium hielt, was es versprach. Schon mit ihrem ersten Job als Marketing-Managerin in einem Hamburger Technologieunternehmen konnte Kerstin Prechel in Sachen Geld erstmals durchatmen. Sogleich fasste sie den Mut, nun doch auch ihren wirklichen Interessen in ihrem Leben mehr Platz einzuräumen. Sie wollte nicht mehr nur möglichst schnell und effizient Resultate im Marketing liefern, sondern sich in wissenschaftlicher Tiefe mit Fragen der Wirtschaftsethik beschäftigen. So nahm sie die Promotion in Angriff, die sie bei Prof. Dr. Christoph Lütge am Peter Löscher-Stiftungslehrstuhl für Wirtschaftsethik der TUM anfertigte. Gleichzeitig aber arbeitete sie in Vollzeit weiter als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und beim Deutschen Elektronen-Synchrotron-Forschungszentrum. Eine Doppelbelastung, die ihr zwar viel abverlangte, sie aber ihrem Traum ein Stück näherbrachte.

Ihre gute Arbeit überzeugte und ihr Doktorvater band Kerstin Prechel zunehmend in Forschungsprojekte zu Ethik und Künstlicher Intelligenz ein. So wurde sie immer häufiger als Expertin in diesem Bereich zu Vorträgen geladen. Bis heute ist sie Forscherin in einem DFG-Projekt um Professorin Dr. Petra Ahrweiler, die Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Instituts für Ethik in der KI der TUM ist.

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DAS GLÜCK, MENTORIN ZU SEIN

Nach Abschluss ihrer Promotion an der TUM arbeitete Kerstin Prechel in Führungspositionen in börsennotierten Unternehmen. 2019 gründete sie ihre eigene Beratungsfirma und wurde zur stellvertretenden Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg ernannt. 2021 wurde sie schließlich zur Professorin an der Dualen Hochschule Schleswig-Holstein berufen. Damit ist für Kerstin Prechel ein Traum in Erfüllung gegangen: Nun kann sie ihr umfangreiches Wissen im Bereich der Betriebswirtschaftslehre, des Projektmanagements, der Organisation und Wirtschaftsethik an ihre Studierenden weitergeben. Von einem großen Glück spricht sie gerade dann, wenn es ihr gelingt, für sie auch Mentorin und Vorbild zu sein, sie zu ermutigen und an sich glauben zu lassen.

Am Mittwoch, den 24. August 2022 wird Kerstin Prechel an der TUM im Rahmen einer Veranstaltung der Women of TUM über Chancengleichheit und die Höhen und Tiefen ihrer Karriere sprechen. Sie gibt persönliche Ratschläge, wie man eine Karriere meistert, wenn der eigene Weg voller Hindernisse und Stolpersteine ist. „Wenn ich dabei nur einer Frau Mut machen kann, dann habe ich mein Ziel schon erreicht“, sagt Kerstin Prechel.

TUM Alumna Kerstin Prechel auf dem University Future Festival des KI-Campus.

Durch ihren Doktorvater an der TUM wurde TUM Alumna Kerstin Prechel zunehmend in Forschungsprojekte zu Ethik und Künstlicher Intelligenz eingebunden. Heute gilt sie als Expertin in diesem Bereich. Das Bild zeigt sie beim University Future Festival des KI-Campus (Bild: Hochschulforum Digitalisierung).

TUM Alumna Kerstin Prechel.

Kerstin Prechel (Bild: Privat).

Prof. Dr. Kerstin Prechel

Promotion Wirtschaftsethik 2014

 

Von 2002 bis 2004 studierte Kerstin Prechel als DAAD- und Fulbright-Stipendiatin Marketing an der University of North Carolina in Wilmington/USA. 2005 folgte das Diplom in Betriebswirtschaftslehre und internationalem Management an der Hochschule Bremen. 2014 schloss sie ihre berufsbegleitende Promotion in Wirtschaftsethik an der TUM ab.

Zehn Jahre lang arbeitete Kerstin Prechel in internationalen Firmen in Führungspositionen im Bereich Marketing und Produktmanagement. An der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY, der Fachhochschule Nordakademie Elmshorn sowie der FOM Hochschule für Ökonomie & Management war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dozentin tätig. Es war immer schon die Arbeit mit Menschen, die sie besonders glücklich machte. 2019 gründete sie ihr eigenes Beratungsunternehmen für Wirtschaftsethik in Theorie und Praxis. Noch im selben Jahr wurde sie zur stellvertretenden Professorin für Betriebswirtschaftslehre in der öffentlichen Verwaltung, für internationales Marketing und Business Ethics an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) ernannt. Seit 2021 ist Kerstin Prechel an der Dualen Hochschule Schleswig-Holstein Professorin für Projektmanagement, Organisation und Schlüsselkompetenzen.

Kerstin Prechel ist Mitglied im KI-ExpertLab Hochschullehre der FernUni Hagen und Fellow des KI-Campus, einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt zur Stärkung von KI-Kompetenzen durch innovative, digitale Lernangebote.

Erst kürzlich ist Kerstin Prechel samt ihren beiden Katzen und ihrem Deutsche-Dogge-Welpen in ein Haus mit Garten ganz in der Nähe ihrer Eltern gezogen. Diese möchte sie im Alter mehr unterstützen.